Wilhelm Böhm, 1935 in Prag geboren, wuchs als Sohn deutscher Eltern in einer Zeit auf, in der Europa von Konflikten zerrüttet war. Seine Kindheit in Brüx (heute Most) und später in Reichenberg (heute Liberec) war tief geprägt von den Wirren des Zweiten Weltkriegs und den dramatischen Folgen der Vertreibung. Diese frühen Erfahrungen der Entwurzelung und des Verlusts sollten ihn ein Leben lang begleiten und formen.
Nach dem Krieg fand die Familie in der amerikanischen Besatzungszone eine neue Heimat. Hier im Spessart begann Wilhelm eine Ausbildung zum Revierförster, ein Berufsweg, der seine tiefe Verbundenheit zur Natur unterstrich. Doch Wilhelms unstillbarer Wissensdurst und sein Streben nach Bildung ließen ihn nicht ruhen. Über den zweiten Bildungsweg erreichte er das Begabtenabitur und nahm schließlich das Studium an den Universitäten Heidelberg, Würzburg, Mainz und London auf. Seine akademische Reise führte ihn zu einer Laufbahn als Lehrer, zuerst im Hunsrück, dann in Lindau, nahe dem Alterswohnsitz seiner Mutter im Tessin. Wilhelm widmete sich leidenschaftlich der Vermittlung von Geschichte und Sprachen, nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch durch Veröffentlichungen und Vorträge.
Das private Glück fand Wilhelm in der Familie. Aus seiner ersten Ehe ging Sohn Andreas hervor. Die Ehe mit Monika Beckerle im Jahr 1981 brachte fünf weitere Kinder: Stephanie, Georg, Marcus, Julia und Johanna. Bergen wurde zu ihrem Zuhause, einem Ort, der bald die Wärme und Liebe einer wachsenden Familie spiegelte.
Wilhelms Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit mündete in der Schaffung von vier Romanbänden, die seine Vertreibungserfahrungen verarbeiteten. Auch im Ruhestand blieb er der Bildung verpflichtet, kehrte für weitere fünf Jahre in den Schuldienst zurück und förderte unermüdlich junge Menschen.
Wilhelm war ein Mann der Taten und der Worte. Seine Liebe zur Musik und zum Sport, seine unerschütterliche Verbundenheit zur Natur fanden Ausdruck in den gemeinsam mit seiner Tochter Julia gestalteten Tiergrußkarten – ein Zeugnis seiner Fähigkeit, die Schönheit der Welt in einfachen Momenten zu finden.
Als tief gläubiger Christ spielte der Glaube eine zentrale Rolle in Wilhelms Leben. Seine 25-jährige Tätigkeit als Lektor in der Bergener Kirche und sein besonderes Engagement in der Osternacht, wo er die Schöpfungsgeschichte mit markanter Stimme und tiefem Verständnis vortrug, bereicherten nicht nur sein spirituelles Leben, sondern auch das der Gemeinde.
Wilhelm setzte sich bis zuletzt für die Belange seiner ursprünglichen Heimat, das Sudetenland, ein und führte als Obmann der sudetendeutschen Landsmannschaft Ortsgruppe Bergen Vachendorf. Sein Engagement für die Kultur und das Wohlergehen seiner Landsleute zeugt von seinem tiefen Verständnis für Identität und Zugehörigkeit.
Wilhelm Böhms Lebensgeschichte ist eine Chronik der Widerstandsfähigkeit, der Bildung, des familiären Zusammenhalts und der tiefen spirituellen Hingabe. Sein Erbe ist geprägt von der Liebe zur Natur, zur Familie und zur Gemeinschaft – ein Vermächtnis, das durch seine Taten, Worte und Schriften weiterlebt.